Wann ist eine Stadt fahrradfreundlich? So machen es Vorzeigeorte
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Ein Merkmal für Fahrradfreundlichkeit sind gute ausgebaute Radwege.
© Quelle: Uli Deck/dpa
Gut für die Gesundheit, gut für das Klima und vergleichsweise preisgünstig: Dass Fahrradfahren gleich mehrere Vorteile hat, steht außer Frage. Häufig wird in Deutschland jedoch bemängelt, dass der Verkehr nicht ausreichend auf Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer abgestimmt ist. Erst kürzlich kritisierte die Pressesprecherin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), Stephanie Krone, die Radinfrastruktur in Deutschland als „irgendwo zwischen gerade noch akzeptabel, gruselig und unzumutbar“. Doch was macht eigentliche eine fahrradfreundliche Stadt aus? Das zeigen sieben Beispiele aus Orten, die als Vorreiter beim Fahrradfahren gelten.
Fahrradschnellstraßen in Kopenhagen
Die dänische Hauptstadt erhält immer wieder Auszeichnungen für ihre Fahrradfreundlichkeit. So landet die Stadt beim Copenhagenize Index, einem Ranking für Fahrradfreundlichkeit, seit Jahren auf dem ersten Platz. Wie in allen anderen Fahrradstädten auch ist es das Zusammenspiel verschiedenster Maßnahmen, die zu diesen Auszeichnungen führen.
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Die Fahrradbrücke Cykelslangen über das Hafengebiet in Kopenhagen verkürzt die Wege für Radler und Radlerinnen.
© Quelle: imago images/Peter Schickert
Für Kopenhagen werden häufig die „Radautobahnen“, auf dänisch Supercykelstier, hervorgehoben. Das sind Fahrradschnellstraßen, die das Stadtzentrum mit dem Umland vernetzen. Brücken, wie die sogenannte „Cykelslangen“ im Hafen, verkürzen die Wege für Radfahrerinnen und Radfahrer. Für das schnelle Vorankommen auf den gut ausgebauten Radwegen sorgt auch eine angepasste Ampelschaltung. Die Wege sind häufig besonders breit, gut beschildert und beleuchtet. Auch gibt es am Wegesrand Reparaturstationen.
Fahrradverleihsystem in Paris
Das Fahrradverleihsystem Vélib in Paris gilt als eines der größten der Welt. Das Angebot umfasst den Angaben des Anbieters zufolge 20.000 Räder, wovon 40 Prozent elektrisch betrieben sind. Die Räder stehen an 1400 Stationen, die sich über das Stadtgebiet verteilen. Das entspreche, so heißt es auf der Seite velib-metropole.fr, einer Station alle 300 Meter. Wer die Räder nutzen möchte, kann sich kostenlos registrieren und zahlt für 30 Minuten mit dem herkömmlichen Rad einen Euro. Bei einer Grundgebühr von 3,10 Euro pro Monat sind bereits die ersten 30 Minuten kostenlos, bei einer Grundgebühr von 8,30 Euro sogar die ersten 60 Minuten.
Riesiges Fahrradparkhaus in Utrecht
Nicht nur zum Fahren brauchen Radler Platz. In vielen Städten mangelt es auch an geeigneten Abstellmöglichkeiten. 2019 hat die Stadt Utrecht das nach eigenen Angaben größte Fahrradparkhaus der Welt eröffnet. Aktuell umfasst das „Stationsplein“ der Gemeinde Utrecht zufolge 12.500 Stellplätze. Eine Besonderheit im Vergleich zu vielen Fahrradparkhäusern in deutschen Städten: Die ersten 24 Stunden sind kostenlos. Außerdem ist das Parkhaus rund um die Uhr geöffnet. Die Stadt Utrecht wirbt zudem damit, dass das Fahren innerhalb der Station auf Einbahnstraßen erlaubt ist.
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Das Fahrradparkhaus in Utrecht umfasst mehr als 12.500 Stellplätze und ist direkt am Bahnhof gelegen.
© Quelle: imago images / Jochen Tack
Gemeinsame Radtouren durch Portland
Portland gilt als eines der Fahrradparadiese in den USA. In der Stadt ist Fahrradfahren Kult, Gemeinschaftsaktionen schweißen die Radfahrerinnen und Radfahrer zusammen. Regelmäßig werden gemeinsame Radtouren angeboten, wie etwa der „Midnight Mystery Ride“. Im Februar begeht die Stadt jährlich den „Worst Day of the Year Ride“ – eine Radtour bei schlechtem Wetter, für die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich verkleiden.
Regensensoren an Ampeln in Groningen
Schon vor zehn Jahren hat die Stadt Groningen (Niederlande) Regensensoren an ihren Ampeln installiert. Die Sensoren sorgen dafür, dass Radfahrerinnen und Radfahrer bei schlechtem Wetter zusätzliche Grünphasen an Ampeln erhalten und dadurch schneller vorankommen. Damit reduziert sich die Zeit, die Radler bei dem schlechten Wetter verweilen müssen. 2015 installierte auch Rotterdam Regensensoren an den Ampeln.
Auch in deutschen Städten hat es inzwischen Bemühungen um solch ein Ampelsystem gegeben. So forderte die SPD im Hamburger Bezirk Eimsbüttel im Jahr 2020 die Installation solcher Sensoren. Die zuständige Verkehrsbehörde zeigte sich jedoch „sehr skeptisch“ gegenüber dieser Methode, wie aus Sitzungsprotokollen hervorgeht. Das Argument: Durch schlechtes Wetter erhöhe sich die Anzahl von Autos im Vergleich zu Fahrrädern – was die Verkehrssituation verschärfe und einen „unerwünschten Zielkonflikt“ hervorrufe.
Kaum Autoverkehr im Zentrum von Oslo
Im Jahr 2015 setzte die Stadt Oslo eine Verkehrswende in Gang. Ziel war es, den Autoverkehr aus der Innenstadt zu verdrängen. Dafür schaffte die Stadt 2017 und 2018 insgesamt mehr als 700 Parkplätze ab. Wo vorher Autos den Platz einnahmen, ist jetzt Raum für Fahrradfahrer und Fußgänger. Ursprünglich sollten Autos sogar ganz aus der Innenstadt verbannt werden. Doch aufgrund des starken Gegenwinds lokaler Unternehmen entschied man sich schließlich dazu, das Verbot nur fürs Parken, nicht aber fürs Fahren auszusprechen.
Schwebender Kreisverkehr in Eindhoven
Was nützen gut ausgebaute Radwege, wenn eine Ampel nach der nächsten die Fahrt wieder ausbremst? In den Niederlanden müssen Radler an einer Kreuzung in Eindhoven nicht mehr warten. Der sogenannte Hovenring, ein an Seilen aufgehängter Kreisverkehr, trennt den Radverkehr vom Autoverkehr. Das Bauwerk wurde 2012 eröffnet. Dem verantwortlichen Ingenieursbüro Ipv Delft zufolge beliefen sich die Kosten auf 6,3 Millionen Euro.