Der Colorado River trocknet aus – Schuld ist der Klimawandel
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Der Colorado River führt immer weniger Wasser.
© Quelle: picture alliance / Bildagentur-o
Hannover. Der Colorado River ist der größte Fluss im Südwesten Nordamerikas. Der über 2300 Kilometer lange Colorado versorgt mehr als 40 Millionen Menschen zwischen Denver und Los Angeles mit Wasser. Doch in Zeiten des Klimawandels droht der wichtige Fluss mehr und mehr auszutrocknen. Forscher stellten in einer aktuellen Untersuchung fest, dass ein Großteil des Rückgangs eine Folge des Klimawandels ist.
Die Studie wurde von Wissenschaftlern des US Geological Survey, Chris Milly und Krista Dunne, durchgeführt und in der Fachzeitschrift “Science” veröffentlicht. Laut Forscherteam ist der Rückgang des Wassers vor allem darauf zurückzuführen, dass die Schneedecken der Region schrumpfen und früher schmelzen – wegen des Klimawandels.
Im Vergleich zum letzten Jahrhundert sei der Durchfluss des Colorado River bereits um 20 Prozent zurückgegangen. Als Durchfluss wird das Wasservolumen je Sekunde bezeichnet.
Düstere Szenarien für den Colorado River
Milly und Dunne analysierten in 960 verschiedenen Gebieten, wie sich das Wasser beispielsweise durch Regen, Verdunstung oder schmelzende Schneedecken rund um den und im Colorado River verhält. Diese Werte wurden genutzt, um mithilfe von detaillierten Computeranalysen dieses Zukunftsszenario vorherzusagen:
Wenn die Temperatur des Beckens des Colorado Rivers um ein Grad ansteigt, nimmt der Durchfluss um neun Prozent ab. Dabei ist die durchschnittliche Jahrestemperatur für das untersuchte Gebiet im vergangenen Jahr bereits um 1,4 Grad angestiegen.
Laut Milly wird sich die Region in den kommenden Jahren noch mehr erwärmen. Der Regen allein könne die heißeren und trockeneren Bedingungen wahrscheinlich nicht ausgleichen.
Das Team verglich zudem den Durchfluss des Colorado Rivers zwischen 1913 und 2017 mit den zukünftigen Bedingungen. Wenn keinerlei Klimaschutzmaßnahmen erfolgen, senkt sich der Pegel des Flusses bis 2050 um 19 bis 31 Prozent.
Schneedecke entscheidend
Die Zukunft des Colorado Rivers hängt laut Studie vor allem von der Schneedecke der umgebenden Landschaften ab. Diese stellen eine wichtige Wasserquelle dar, da von dort im Frühling und im Sommer Wasser in den Boden, den Fluss und seine Nebenarme sickert. Und die Schneedecke verhält sich demnach wie ein Schutzschild, schreiben die Forscher. Durch die hohe Oberflächenreflexion wirft die Schneedecke die einfallende Sonnenstrahlung zurück und hält den Boden darunter relativ kühl.
Der Klimawandel verringere nun aber die Wirkung des Schutzschilds, denn es kann vermehrt Sonnenstrahlung in die Oberfläche eindringen, was eine Reihe negativer Folgen hat. Eine große Menge Feuchtigkeit im Boden und in den Bäumen sowie ein Großteil der verbleibenden Schneedecke und des Grundwassers könnte wahrscheinlich einfach verdunsten. So würde nur noch wenig Wasser in den Fluss fließen.
Wissenschaftler: “Besorgniserregende Ergebnisse”
Brad Udall, leitender Wissenschaftler an der Colorado State University, der nicht an der neuen Studie beteiligt war, bezeichnet die Ergebnisse gegenüber der Zeitschrift “Washington Post” als “auffällig”. Insbesondere den Rückgang des Durchflusses sei “besorgniserregend”.
Udall war Mitverfasser einer Studie aus dem Jahr 2017, die ähnliche, wenn auch weniger drastische Ergebnisse lieferte. In der Studie heißt es, dass der Durchfluss um drei bis zehn Prozent pro 1,8 Grad Erwärmung abnehmen könnte. Da die aktuelle Studie die Zahlen am oberen Ende des Bereichs errechnet hatte, wurde Udalls Aufmerksamkeit geweckt und auch, weil die Ergebnisse nach Einschätzungen des Wissenschaftlers viel detaillierter als frühere Studien sein. Deshalb sollten die Ergebnisse “ziemlich ernst genommen werden”.
Komplizierter Wasservertrag
Der Zugang zum Wasser des Colorado River ist unter sieben Staaten aufgeteilt und seit langem ein umstrittenes Thema. Das liegt unter anderem an einer Vereinbarung aus dem Jahr 1922, dem Colorada-Big-Thompson-Projekt. Demnach müssen die Bundesstaaten des oberen Beckens – Colorado, Utah, Wyoming und New Mexico – in zehn aufeinanderfolgenden Jahren Wasser an die Bundesstaaten des unteren Beckens – Kalifornien, Arizona und Nevada – und an Mexiko liefern.
Nach Dürren in den vergangenen Jahrzehnten gab es darüber schon Konflikte, die sich nun zuspitzen könnten. Das Abkommen soll bald neu ausgehandelt werden. Udalls Vorschlag: Jetzt sollten sich alle Nutzer zusammensetzen und auf einen geringeren Wasserverbrauch einigen.
Einziger Weg: Erderwärmung reduzieren
Der einzig wahre Weg, den Fluss zu retten, ist laut Udall aber, den Kern des Problems anzugehen: “Die Wissenschaft ist glasklar – wir müssen die Treibhausgasemissionen sofort reduzieren”, sagt er. “Wir haben jetzt die Technologien, die Politik und die günstige wirtschaftliche Lage, um Treibhausgasreduzierungen zu erreichen. Was uns fehlt, ist der Wille”, mahnte der amerikanische Wissenschaftler.
RND/Alice Mecke