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Der Regenwald weicht der Sojabohne – und daran sind vor allem Fleischesser schuld

Tofu wird aus weißen Sojabohnen hergestellt, die vor allem in Brasilien angebaut werden.

Tofu wird aus weißen Sojabohnen hergestellt, die vor allem in Brasilien angebaut werden.

Immer wieder macht die Sojabohne negative Schlagzeilen. Unter anderem in Brasilien, einem der größten Sojaproduzenten, wird der Regenwald zugunsten von Anbauflächen gerodet, wie das Portal Statista berichtet. Schuld daran, dass die Nachfrage nach den Bohnen steigt, sind aber nicht Tofu mampfende Veganer, sondern hauptsächlich Fleischesser. Denn den größten Teil des weltweit angebauten Sojas verfüttern Landwirte an Rinder, Schweine und Geflügel.

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Eine Grafik auf der Statista-Website zeigt: Im Jahr 1980 erntete Brasilien weniger als 20 Millionen Tonnen Sojabohnen im Jahr. Mittlerweile ist das südamerikanische Land bei 123 Millionen Tonnen pro Jahr angekommen. Damit der Ertrag steigt, braucht es mehr Anbauflächen. Und die werden in dem Land auch durch Brandrodung des Regenwalds gewonnen, zum Teil illegal.

Sojabohnen aus Deutschland

Wichtig zu wissen: Feuer kommen natürlicherweise im Regenwald äußerst selten vor, berichtet Global Forest Watch. Wenn es im Amazonas brennt, ist meistens der Mensch schuld. Entweder, weil er Wald zugunsten von Ackerflächen rodet oder weil sich Feuer auf bereits zerstörten Landstrichen leicht ausbreiten kann. Für das Klima ist ein Brand eine doppelte Belastung, erklärt Michael Rudolph, Sprecher der Niedersächsischen Landesforsten, gegenüber der Braunschweiger Zeitung: “Ein Feuer setzt immense Mengen an Kohlenstoffdioxid frei. Der Wald, der verbrennt, kann zudem kein CO₂ aus der Luft mehr aufnehmen, trägt also nicht mehr zum Klimaschutz bei.”

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Ein Dokument des Bundestages namens “Fragen zum Weltmarkt für Soja” hat sich bereits im Jahr 2009 mit der Problematik rund um die Bohne beschäftigt. Das Papier zeigt, dass sich in den Jahren 1997 bis 2007 die für Soja genutzte Anbaufläche in Brasilien von 13 Millionen Hektar auf 22,5 Millionen Hektar fast verdoppelt hat. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland laut dem statistischen Bundesamt auf gerade einmal knapp 29.000 Hektar Sojabohnen angebaut. In ganz Deutschland ernteten Landwirte 2019 rund 84.000 Tonnen Soja.

Soja vor allem als Futtermittel

Dem gegenüber stehen 3,3 Millionen Tonnen Sojafuttermittel, die Deutschlands Nutztiere laut dem Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung allein im Wirtschaftsjahr 2017/2018 gefressen haben. Mit heimischen Sojabohnen lässt sich dieser Bedarf momentan nicht decken. “Ähnlich wie Deutschland sind auch die meisten europäischen Länder bei den Eiweißfuttermitteln auf Importe angewiesen”, steht im Bericht des Bundesamtes für Landwirtschaft und Ernährung zur aktuellen Markt- und Versorgungslage von Futtermitteln. Vor allem Soja werde aus Übersee importiert. Zu den wichtigsten Importländern zählten die USA, Brasilien und Argentinien.

Fast jede zweite Sojabohne in Deutschland komme aus Brasilien, informiert der Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (Ovid) auf seiner Website. “Sojaschrot enthält viel hochwertiges Eiweiß und ist damit wichtige Proteinquelle für unsere Nutztiere. Ein kleiner Teil der Sojabohnen wird direkt zu Lebensmitteln wie Sojamilch und Tofu verarbeitet”, so Ovid.

86 Kilogramm Fleisch pro Jahr

Menschen, die sich ohne Fleisch oder insgesamt tierische Produkte ernähren, die Schuld am abbrennenden Regenwald und an wachsenden Monokulturen in Südamerika zu geben ist also ziemlicher Whataboutism, ein Ablenken vom eigentlichen Problem. Denn wenn ein Großteil der Sojabohnen als Futter für Tiere ihren Einsatz finden, sind Fleisch- und Milchprodukte sowie deren Konsumenten viel problematischer für das Klima und den brasilianischen Regenwald. Zwischen 1990 bis 2013 ist der globale Fleischverbrauch laut dem Bundesamt für Statistik um 29 Prozent gestiegen. 86 Kilogramm Fleisch isst ein Deutscher pro Jahr. Hülsenfrüchte, zu denen auch Sojabohnen zählen, verbraucht ein Mensch hierzulande im Schnitt jährlich 1,3 Kilo.

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Untermauert wird das von einer aktuellen Studie des Umweltbundesamtes. Fleisch schneidet in der Klimabilanz schlechter ab als Ersatzprodukte, lautet deren Ergebnis. Das Umweltbundesamt rechnet vor, dass bei der Produktion eines Kilos Fleischersatzes auf Sojabasis 2,8 Kilogramm Treibhausgase ausgestoßen werden – für ein Kilo Rindfleisch dagegen 30,5 Kilo. Ein Kilo Schweinefleisch belastet die Umwelt mit 4,1 Kilo Treibhausgasen, ein Kilo Geflügel mit 4,3 Kilo.

Sojaprodukte aus Europa kaufen

Wer Wert darauf legt, sich möglichst klimafreundlich zu ernähren und gern Sojaprodukte isst, sollte darauf achten, dass die Bohnen aus deutschem oder europäischem Anbau stammen. In Zukunft wird das wohl immer häufiger der Fall sein, wie der Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel nahelegt. “Mit wärmerem Klima und milderen Witterungsbedingungen eröffnen sich für die Landwirtschaft neue Optionen der Fruchtartenwahl. Der Anbau wärmeliebender Kulturpflanzenarten in Deutschland könnte sich ausweiten, wenn zugleich eine ausreichende Nachfrage am Markt besteht und der Anbau wirtschaftlich interessant ist”, steht darin.

Die Sojabohne gedeiht besser in wärmeren Klima. Sowohl konventionelle als auch ökologische Landwirte interessieren sich laut dem Umweltbundesamt auch hierzulande zunehmend für den Anbau von Sojabohnen.

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