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Für eine erfüllende Beziehung sind wir selbst verantwortlich

In einer Beziehung ist nicht nur der Partner für das Glücklichsein zuständig - vieles liegt in der eigenen Verantwortung.

In einer Beziehung ist nicht nur der Partner für das Glücklichsein zuständig - vieles liegt in der eigenen Verantwortung.

In über der Hälfte aller Langzeitbeziehungen ist zumindest ein Partner nicht mehr glücklich. Diese Zahl habe ich keiner Statistik entnommen, sie ergab sich vielmehr aus meinen Erfahrung von nunmehr über 20 Jahren als Paartherapeut und Beziehungscoach.

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Viele schütteln jetzt vielleicht den Kopf und fragen sich, warum sich der unglückliche Partner dann nicht trennt. Stimmt’s? Darum geht es heute aber nicht. Falls Sie sich diese Frage jedoch gerne selbst beantworten möchten, nur zu: Sind Sie glücklich? Wenn nein, warum bleiben Sie?

Mir geht es heute vielmehr darum, zu hinterfragen, ob eine Beziehung, die faktisch nur noch auf dem Papier besteht, denn tatsächlich „schlecht“ ist? Oder ob auch solch eine Partnerschaft ihren Zweck erfüllt?

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Viele meiner Paare geben an, dass sie zwar einiges in ihrer Beziehung vermissen, den Alltag jedoch super als Team bestreiten können. Alles ist eingespielt, der Tagesablauf ist bestens geplant. Und jeder lebt sein Leben, aber eben nebeneinander her, nicht miteinander. Eine Zweckgemeinschaft sozusagen, mit der sich viele arrangiert haben. Das eine solche Konstellation jedoch nicht die Bedürfnisse einer Liebesbeziehung erfüllt, liegt von außen betrachtet auf der Hand. Für die Betroffenen ist dies jedoch nicht immer erkennbar. In der Therapie zählt dann jeder die Bedürfnisse auf, die durch den Partner nicht befriedigt werden. „Er interessiert sich nicht für mein Wohlergehen." „Sie sieht nicht, was ich alles für die Familie mache".

Christian Hemschemeier ist Paartherapeut in Hamburg und Experte in Sachen Dating, Partnerschaft und Liebe.

Christian Hemschemeier ist Paartherapeut in Hamburg und Experte in Sachen Dating, Partnerschaft und Liebe.

Hierzu zwei Gedanken. Oft wünschen wir uns einen Partner, der alles erfüllt. Seelenverwandter, bester Freund, Sport- oder Meditationspartner, Bodyguard, Therapeut und noch mehr. Aber kann bzw. sollte eine einzige Person das alles erfüllen müssen? Wenn die Antwort ja ist, gilt zu bedenken, dass es im Umkehrschluss gleichermaßen auch für mich gilt. Somit gleiche Frage, anderer Adressat: Kann bzw. möchte ich das alles erfüllen? Für mich ist in beiden Fällen die Antwort nein. Es ist für uns selbst - aber auch für unsere Beziehung - gefährlich, alles auf eine Person zu projizieren. Natürlich sollte der Partner im Idealfall unsere erste Bezugsperson sein. Doch ebenso sollten wir noch weitere Personen in unserem Umfeld haben, mit denen wir soziale Kontakte pflegen, uns austauschen, Sport machen, Gespräche führen. Alle Aspekte in einem Partner zu suchen bzw. ihm diese abzuverlangen, belastet ihn und die Beziehung.

Der zweite Gedanke bezieht sich auf unsere Bedürfnisse, die naturgemäß bei jedem unterschiedlich sind. Ist es für mich beispielsweise besonders wichtig, erfüllende Gespräche mit meinem Partner führen zu können, seine Stärken aber eher im sportlichen oder therapeutischen Können liegen, kann das frustrierend sein und wird letztendlich zum Streit führen. Liegt der Sinn einer erfüllten Beziehung für mich jedoch darin, einen Partner zu haben, dem Erfolg ebenso wichtig ist wie mir und wir uns darin gegenseitig unterstützen, kann dies eine gemeinsame Basis einer funktionierenden Beziehung sein. Selbstverständlich wünschen wir uns, dass der Partner so viele unserer Bedürfnisse erfüllt wie möglich, das ist auch legitim. Dennoch sind wir im Grunde selbst für uns und unser Wohlergehen verantwortlich. Je mehr wir uns dessen bewusst sind, desto mehr Freiheit und Leichtigkeit gibt es in einer Beziehung.

Nun nochmal zur Ausgangsfrage. Ist eine Zweckgemeinschaft schlecht? Nein. Zumindest nicht, wenn wir uns bewusst darüber sind und es in Ordnung für uns ist. Das mag unromantisch klingen, aber jeder ist eben selbst für sich und sein Wohlergehen verantwortlich - in jeder Hinsicht und Beziehung.

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Der Autor und seine Kurse sind zu erreichen über www.liebeschip.de. Sein Buch „Der Liebescode“ ist 2019 im Handel erschienen.

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