Klagen fürs Klima: Wenn die Klimakrise vor Gericht landet

Das Bundesverfassungsgericht hat das Klimagesetz der Bundesregierung für in Teilen verfassungswidrig erklärt. Für Rechtsanwalt Remo Klinger ein großer Erfolg.

Das Bundesverfassungsgericht hat das Klimagesetz der Bundesregierung für in Teilen verfassungswidrig erklärt. Für Rechtsanwalt Remo Klinger ein großer Erfolg.

Rechtsanwalt Remo Klinger hat für die Deutsche Umwelthilfe das Karlsruher Klimaurteil erwirkt, wonach das bisherige Klimaschutzgesetz teilweise gegen die Verfassung verstößt. In nur zwei Wochen hat die Bundesregierung deswegen das Gesetz überarbeitet – und die Klimaziele für Deutschland angepasst. Im RND-Podcast „Klima und wir“ spricht der Jurist über Generationengerechtigkeit, warum er Jurastudierende für Klimaklagen fit macht – und ob er schon neue Prozesse gegen das Klimaschutzgesetz plant.

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Herr Klinger, Sie haben einige der Klägerinnen und Kläger bei der Verfassungsbeschwerde gegen das Klimaschutzgesetz vertreten. Sind Sie zufrieden mit dem Urteilsspruch?

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Klimaurteil einen komplett neuen Weg eingeschlagen, den ich sehr überzeugend finde. Bisher hat man gesagt: Klimaschutz kann man nicht vor Gericht bringen, weil niemand aus Deutschland sehr konkret darlegen kann, was seine unmittelbare Betroffenheit ist. Viele Jugendliche können das auch nicht, aber sie sagen: Ich befürchte starke Veränderungen in den kommenden Jahrzehnten, die mein Leben und meine Gesundheit beeinträchtigen werden. Diesen Gedanken hat das Bundesverfassungsgericht aufgegriffen und noch verschärft.

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Wenn die Politik nicht anders auf den Weg zu bringen ist, dann werden wir das tun.

Remo Klinger, Rechtsanwalt, über eine mögliche neue Klage gegen das Klimagesetz

Wie konnten Sie die Betroffenheit denn nun nachweisen?

Wir konnten in den Verfassungsbeschwerden darlegen, dass die Ziele, die sich die Bundesregierung bisher im Klimaschutzgesetz gesetzt hat, dazu führen, dass das Treibhausgasbudget im Jahr 2030 erschöpft ist, wenn wir tatsächlich ein 1,5-Grad-Ziel anpeilen. Wenn dann nichts mehr übrig ist, kann das zu sehr einschneidenden Grundrechts- und Freiheitsbeschränkungen führen.

Gerichtliche Verfahren nicht als Selbstzweck

Das neue Klimaschutzgesetz, das Klimaneutralität bis 2045 anstrebt, bietet Ihnen demnach wieder Grund zur Klage? Schließlich wird das 1,5-Grad-Ziel auch damit verfehlt.

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Die jetzt angekündigte Änderung ist ein deutlicher Schritt nach vorn. Das ist positiv zu vermerken. Gleichzeitig ist es aber ein politischer Kompromiss: Schon diejenigen Ziele, die das 1,75-Grad-Ziel einhalten, werden nicht ausreichend gesetzt. Wir werden dieses Ziel schon Anfang der 30er Jahre reißen, und damit ist es nichts, was mit Generationengerechtigkeit vereinbar ist.

Wir werden deshalb prüfen, welche rechtlichen Schritte man gehen muss, um auch dieses Ziel zu erreichen. Gerichtliche Verfahren sind kein Selbstzweck und müssen immer am Ende der Überlegungen stehen, aber wenn die Politik nicht anders auf den Weg zu bringen ist, dann werden wir das tun.

Rechtsanwalt Prof. Dr. Remo Klinger vertritt die Deutsche Umwelthilfe in vielen Prozessen – zuletzt auch bei der Klimabeschwerde in Karlsruhe.

Rechtsanwalt Prof. Dr. Remo Klinger vertritt die Deutsche Umwelthilfe in vielen Prozessen – zuletzt auch bei der Klimabeschwerde in Karlsruhe.

Wann muss der Kampf fürs Klima vor Gericht geführt werden?

Immer dann, wenn die gesetzlichen Vorgaben, die sich der Staat selbst gesetzt hat, nicht eingehalten werden. Und dazu haben wir mannigfachen Anlass: Es ist in der Vergangenheit sehr viel vom Gesetzgeber geregelt worden, um Klima und Umwelt zu schützen – völlig richtig. Was auf der Strecke bleibt, ist der Vollzug.

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Das Bundesverfassungsgericht hat eine Bresche geschlagen, die wir so im deutschen Prozessrecht noch nie hatten.

Remo Klinger über zukünftige Klimaklagen

In Nordrhein-Westfalen etwa soll der Klimaschutzplan laut Gesetz alle fünf Jahre überarbeitet werden. Das hätte schon 2018 passieren müssen, ist es aber nicht. Obwohl es das zentrale Klimaschutzinstrument im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland ist. Also haben wir Klage erhoben, weil es rechtswidrig ist. Diese Regeln einzuhalten, dazu bedarf es gerichtlicher Hilfe. Solche Beispiele gibt es tausendfach.

Recht auf Klimaschutz gilt für alle

Nehmen prominente Klimaklagen wie das Karlsruher Urteil in Zukunft zu?

Ja, wir werden noch sehr viele Klagen im Klima- und Umweltbereich gerade in dieser Dekade erleben. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Bresche geschlagen, die wir so im deutschen Prozessrecht noch nie hatten. Wir bezeichnen das als Popularklage: Es kann jetzt praktisch jedermann sein Recht auf ausreichenden Klimaschutz geltend machen. In welchen Grenzen das zulässig ist, wird noch auszuloten sein.

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Gleichzeitig hoffe ich aber auch: Nein. Klagen sind das letzte Mittel, um staatliche Behörden dazu zu bringen, entsprechende Regelungen umzusetzen. Ich hoffe eigentlich, dass es dessen nicht bedarf. Aber die Hoffnung hat in der Vergangenheit schon so oft getrogen, dass ich mir da auch nicht selbst in die Tasche lügen will.

Warum sich mehr Junganwälte für Umweltschutz interessieren, wie lukrativ die Juristerei in Klimafragen eigentlich ist und ob Klinger auch Kohlekonzerne vertritt: Das Interview in voller Länge hören Sie im RND-Podcast „Klima und wir“ auf Spotify und überall da, wo es Podcasts gibt. Neue Folgen erscheinen jeden zweiten Dienstag. Weitere Informationen finden sie auch auf unserem „Klima und wir“-Instagram-Kanal.

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