Olympia-Familie Knorr: Schon Juris Urgroßväter waren Top-Sportler
Eine Soccerhalle in Bad Schwartau. In der Stadt hoch im Norden, die weltweit auf das Thema Marmelade reduziert wird. Das könnte sich ändern. Gut möglich, dass sie bald die Stadt eines Olympiasiegers ist. Es ist die Heimat von Handball-Star Juri Knorr. Im neuen Fitnessstudio „Hanse Athletik“, dass sein Vater Thomas (Ex-Handball-Nationalspieler) und sein Onkel Matthias betreiben, grüßt der 24-Jährige im Treppenhaus – überlebensgroß von einem Banner an der Wand. Ein paar Stufen tiefer steht das Gesicht des Studios immer mal wieder in Lebensgröße, geht mit Hanteln in der Hand in die Knie. Das letzte Mal ist jetzt gut vier Wochen her. Olympia kennt keinen Urlaub. Aktuell ist Knorr auf dem besten Weg mit den deutschen Handballern Geschichte zu schreiben. In Lille stehen sie am Freitag im olympischen Halbfinale (16.30 Uhr) gegen Spanien. Ziel ist das Endspiel am Sonntag (13.30 Uhr).
Für Knorr sind die Spiele etwas ganz Besonderes, „mehr als eine EM oder WM“. Er hat es trotz Corona-Einschränkungen zuletzt in Tokio erlebt, als sein Idol Luka Doncic, der slowenische Basketball-Star, neben ihm in der Mensa stand. „Da weißt du, dass du Teil von etwas ganz Großem bist.“ Ohnehin hat er familiär eine olympische Vorgeschichte. Sein Vater war 1996 in Atlanta dabei, verpasste mit den Handballern knapp das Halbfinale. Und dann sind da noch seine Urgroßväter.
Sportler-Gene liegen bei Knorr in der Familie
Eine Geschichte, die sein Onkel, auch ein ehemaliger Handball-Profi, und sein Vater immer wieder gern erzählen. „Beide waren für die Spiele 1936 nominiert.“ Karl-August Knorr sollte im Vielseitigkeitsreiten starten. „Doch er musste dann auf dem heimischen Gut in Ostpreußen die Ernte einfahren. Und das ging vor“, erzählt „Matze“ Knorr. Alwin Fichtner, Juris Urgroßvater mütterlicherseits, war Mehrkämpfer, die Nummer zwei in Deutschland. „Er war ein richtig guter Sprinter, ist die 100 Meter in handgestoppten 11,0 gelaufen“, erzählt Matthias Knorr. Thomas Knorr ergänzt: „Er war ein Allrounder, hat Handball gespielt, geturnt. Er hat uns viel davon erzählt.“ Auch davon, dass er bereits nominiert war, sich kurz vor den Spielen aber am Knie verletzt hat. „Das ist ein Traum für ihn geplatzt.“
60 Jahre später erfüllte er sich für Thomas Knorr. „Auch wenn wir nicht so gut performt haben, war es ein unvergessliches Ereignis. Olympia ist immer etwas Besonderes“, erzählt der 53-Jährige. Und jetzt greift sein Sohn Juri nach einer Medaille. Und die Knorr-Familie (Vater, Mutter, Tochter und ihr Freund) ist live dabei. „Wir sind in der Normandie campen, zu den Spielen nach Paris und jetzt auch nach Lille gereist“, erzählt Thomas. Karten für das Halbfinale und den Finaltag haben die Knorrs. Vom deutschen Olympia-Auftritt ist Vater Thomas begeistert: „Das ist überragend, hammergeil.“ Auch die Kulisse von 27.000 Fans. „Die Stimmung ist gigantisch.“
Beim Wahnsinns-Viertelfinale gegen Frankreich, als Les Bleus in den letzten sechs Sekunden die eigene Party crashte, haben die Knorrs mitgefiebert. „Das ist Handball, passiert schon mal. Aber irgendwie sollte es so sein“, sagt Thomas Knorr, dem vor allem der „rotzfreche, unbekümmerte Auftritt“ der Mannschaft gefällt. Jetzt hofft er, dass sich die Jungs mit einer Medaille belohnen. „Das wäre das Größte.“ Gut möglich, dass in der Schwartauer Fitnessschmiede bald ein Olympiasieger von der Wand grüßt.