Hannover 96 wie ein Aufsteiger: Mit Spielkultur zum Niederknien
Hannover. Flüche, Fanproteste, Ablenkungsmanöver aus Wolfsburg – nichts scheint diese Mannschaft von Hannover 96 am Freitagabend irritiert zu haben. Mit 3:0 schlug 96 den überforderten Karlsruher SC, traf dreimal innerhalb von neun Minuten, gewann so das erste Abendspiel dieser Saison und kletterte auf Platz drei der Tabelle.
Die Stimmung in Hannover? So aufstiegsreif wie die Geschichten um dieses Klasse-Spiel. Enzo Leopold feierte sein 100. Spiel für 96 mit enormer Laufleistung, Husseyn Chakroun und der neun Wochen lang verletzte Benedikt Pichler ihr Comeback, Mustapha Bundu schoss sein erstes Saisontor. Nach dem Spiel sprach kaum jemand mehr über das in der Luft schwebende Lockangebot aus Wolfsburg an Geschäftsführer Marcus Mann.
Gewinner-Elf in Paderborn gleich Startelf gegen Karlsruhe. Anders diesmal: 96 schnappte sich von Beginn an den Ballbesitz und legte sich den KSC zurecht. Karlsruhe lief hinterher und versuchte, den Strafraum zu verriegeln. Bundu brach nach der Vorlage von Noel Aseko zum ersten Mal durch (10. Minute) und näherte sich seinem ersten Saisontor für 96.
Nach zwölf Fan-Schweigeminuten wegen des Protests gegen schärfere Maßnahmen der Politik gegenüber der deutschen Fanszenen machte auch die Nordkurve Alarm: Mit einer riesigen farbenfrohen Choreografie. Ein junger Mann stand da neben einem Kind im 96-Trikot und zeigte auf Bilder der hannoverschen Fankultur. Die Figuren waren so groß gebastelt, dass der Finger des Mannes auf den Stadionbildschirm zeigte. 0:0 nach 17 Minuten und dazu die immer noch verbotene Pyrotechnik mit mehreren hundert Fackeln.
Bei dem Fanspektakel auf der Protestbühne bekam gar nicht jeder mit, wie Bundu und Benjamin Källman mit einer Doppelchance an der Führung scheiterten. Im Rauchnebel versuchte sich Marvin Wanitzek, der Toni Kroos der 2. Liga, mit dem ersten Freistoß in den 96-Strafraum (23.) – ungefährlich. Anders 96: Bundu legte zurück auf Aseko, der schob aus elf Metern auf Torwart Hans Bernat (24.). Källman verschoss fünf Minuten später mit links aus zwölf Metern.
Hannover drückte aufs Tempo, die Partie wurde offener, der KSC kam selbst zu Chancen, zweimal über die Seite des 96-Verteidigers Maik Nawrocki. Aber so richtig brannte nach den starken ersten 30 96-Minuten auf beiden Seiten nichts mehr an.
96 beendete eine gefällige erste Hälfte torlos. Hinten passte es meistens, vorne Torgefahr, aber keine Tore. Wie so häufig bisher in der Saison.
Christian Titz wechselt die Führung ein
96-Trainer Christian Titz reagierte mit zweieinhalb Einwechslungen: Mit Ime Okon für Nawrocki, Maurice Neubauer für Hayate Matsuda und einem Taktikzettel, den sich Neubauer in den rechten Stutzen steckte. So startete 96 ungewohnt dynamisch in die zweite Hälfte.
Titz wechselte dann noch die Dribbler und brachte Husseyn Chakroun für Yokota (58.). Nun feuerte 96 fast im Minutentakt Bälle in den Strafraum.
Das Risiko hätte sich fast mit Wanitzeks Torschuss gerächt, aber auch der Präzisionsschütze des KSC traf nicht. Titz nahm seinen besten Schützen Källman raus und Benedikt Pichler feierte sein Comeback.
Doch erst erlöste Chakroun seine Mannschaft mit dem 1:0 (68.). Das Stadion stand Kopf angesichts der spielerischen Klasse dieses Angriffs: Neubauer erfand die perfekte Spielfortsetzung neu, Aseko fand Chakroun und der schnörkelte den Ball ins Tor. Mit dem 2:0 von Pichler und Asekos Weltklasse-Vorlage (Dribbling gegen drei Karlsruher) machte 96 die Fanparty klar (70.). Bundu legte sein erstes Saisontor zum 3:0 (76.) nach – allein dies wäre eine große Geschichte wert gewesen.
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Zur vollständigen Ansicht96 beendete das Gesamtkunstwerk souverän mit 3:0. „Eine Woche Sandstrand, Europapokaaaal“ – Spielkultur und Fankultur im perfekten Einklang.