Streichung der festen Solarstromvergütung

Frau Reiches Gespür für tückische Themen

Wirtschaftsministerin Katherina Reiche hat mit ihrem Vorschlag, die Einspeisevergütung für Solaranlagen eine Kontroverse ausgelöst.

Eins muss man Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) lassen. Sie hat ein Gespür für tückische Themen. Gerade hat sie eine Debatte über die Förderung der Erneuerbaren losgetreten, will die Einspeisevergütung für Solaranlagen auf Hausdächern ersatzlos streichen.

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Empörung in der Solarbranche

In der Solarbranche, bei Umweltverbänden und bei den Grünen ist die Empörung groß. Und auch vom Koalitionspartner SPD kommt Kritik. Gewarnt wird vor einem Rückschlag beim Ausbau der Photovoltaik im Besonderen und für die Energiewende im Allgemeinen. Da ist was dran.

Aber Reiche hat zugleich recht, wenn sie betont, dass sich die Solaranlagen inzwischen auch ohne die Vergütungen rechnen, die bislang für ganze 20 Jahre gelten. Und vor allem: Mit dem Schleifen der gesetzlich garantierten Erträge für Hausbesitzer würde sie ein ganz anderes Thema quasi nebenbei abräumen.

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Zu viel Sonnenstrom

Die wachsenden Mengen an Sonnenstrom werden für die regionalen Netzbetreiber zu einem immer größeren Problem. An sonnigen Tagen - wie derzeit - entstehen stundenweise massive Überschüsse an Strom, die die Netze zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen bringen. Tendenz stark steigend: In den ersten sechs Monaten schoss die Menge produzierten Solarstroms im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent in die Höhe. Solche Wachstumsraten lassen sich nur mit einem massiven Ausbau der örtlichen Verteilnetze bewältigen.

Was der Wegfall der fixen Solarstrom-Vergütung für Hausbesitzer bedeuten würde

Wirtschaftsministerin Reiche will die Förderung für Solarstrom von Hausdächern abschaffen. Zwar würde sich der Betrieb der Anlagen dann trotzdem noch rechnen - doch es gibt einige Tücken.

Doch das ist ein äußerst vertracktes Vorhaben. Denn es geht um 860 Betreiber, viele davon sind Töchter von kleinen Stadtwerken, deren finanzielle und sonstige Kapazitäten arg beschränkt sind. Ein brachialer Förderstopp würde dieses Problem erst einmal entschärfen.

Allerdings ist das relativ kurzsichtig gedacht. An einem Ausbau, Umbau und insbesondere an der Digitalisierung der Verteilnetze geht kein Weg vorbei. Auch nicht an der flächendeckenden Ausstattung der Kundschaft mit „intelligenten“ Stromzählern (Smart Meter). Denn auch bei einem gebremsten Solarausbau braucht das System erheblich mehr Flexibilität.

Digitalisierung muss sein

Schließlich wird die neue Energiewelt insbesondere von Wärmepumpen und Elektroautos geprägt sein, die den Strombedarf steigern werden. Zugleich lässt sich deren Energiehunger klug steuern, um die Nachfrage nach Strom mit dessen Erzeugung und Speicherung erheblich besser übereinander zu bringen. Reiches aktuelle Bewegungsrichtung ist ein Ausweichmanöver. Doch sie wird sich dem Thema Netzumbau, Digitalisierung und Smart-Meter-Rollout stellen müssen.

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Zumal damit auch die Voraussetzungen geschaffen werden, damit Eigenheimbesitzer ihren selbstgemachten Strom an der Strombörse lukrativ verkaufen können. Allerdings reicht das nicht, um den Ausbau der Solarenergie auf einem vernünftigen Niveau zu halten. Als weiteres Element muss eine einmalige staatliche Förderung für Investitionen in Module, Batteriespeicher und Energiemanagement-Systeme hinzukommen. So wie es beispielsweise die Schweiz bereits vormacht.