Grünen-Chef Banaszak eröffnet ein „Fenster in den Osten“
Brandenburg an der Havel. Grünen-Chef Felix Banaszak stand am Samstagmittag im Nieselregen von Brandenburg an der Havel und verbreitete gute Laune. Als „schnöder Wessi tief aus dem Ruhrpott“ habe er sich hier „direkt heimisch“ gefühlt, sagte der Mittdreißiger aus Duisburg. Schließlich gebe es zwischen beiden Städten viele Gemeinsamkeiten: die industrielle Tradition, das Wasser, die unverblümte Art, ins Gespräch zu kommen. Angesichts von Bienenstich, gedecktem Apfelkuchen und Rotkäppchen-Sekt fügte er hinzu: „Ich will, dass vom Buffet nichts übrigbleibt.“
Banaszak war gekommen, um an dem knapp 75.000 Einwohner zählenden Ort ein zweites Büro zu eröffnen und dieses Büro auch regelmäßig zu nutzen, unter anderem für öffentliche Veranstaltungen. Er nannte es: „Mein Fenster in den Osten.“ Zufall ist das nicht. Die Ökopartei war bei den Wahlen in Brandenburg und Thüringen aus den dortigen Landtagen gefallen.
Grünen-Vorsitzender im Interview: „Die Menschen haben Angst“
Die Grünen kriseln. Parteichef Felix Banaszak will sich deshalb mehr um Alltagssorgen der Wähler kümmern – ohne Klimapolitik aufzugeben. Im Interview spricht er über neue Geldquellen, grüne Außenpolitik und einen neuen Vorstoß für ein AfD-Verbot.
Die jüngsten Umfragen sehen sie vor den Landtagswahlen des kommenden Jahres in Sachsen-Anhalt bei 3 und in Mecklenburg-Vorpommern bei 5 Prozent. Sollte es schlecht laufen, wären die Grünen Ende 2026 nur noch im Landesparlament von Sachsen mit haarscharfen 5,1 Prozent vertreten. Damit wäre die Zuschreibung, eine Westpartei zu sein, auf Jahre hinaus zementiert.
Zuschreibung als Westpartei
Der Parteichef erinnerte auf dem kopfsteingepflasterten Innenhof seines Brandenburger Büros daran, dass die Grünen im September in der Lutherstadt Wittenberg einen Ostkongress veranstaltet und einen Beirat mit auch externer Ostexpertise gebildet hätten. Dazu kämen zahlreiche Auftritte in jenen fünf Ländern, die seit nunmehr 35 Jahren Teil der Bundesrepublik Deutschland sind. Die Grünen wissen jedoch: Entscheidend sind am Ende Inhalte.
Der Kreisvorsitzende der Grünen, Ronny Patz, der fünf Jahre in München gelebt hat („Als Ronny war ich in München ein Exot“), sagte bei der Büroeröffnung, die Grünen müssten die Sprache des Ostens sprechen und präsent sein in Vereinen und Verbänden. „Wir Grünen sind gut darin, große Fragen aufzuwerfen, aber noch nicht so gut darin, sie auf die lokale Realität herunterzubrechen.“ Das sei aber nötig, etwa beim Thema Klimawandel. Sonst fragten die Leute: „Was wollen die mit diesen globalen Themen hier vor Ort?“ Patz mahnte, grüne Kernanliegen „manchmal in die zweite Reihe“ zu stellen – und lebensnahe Anliegen in die erste.
Banaszak äußerte sich ähnlich. Er will erklärtermaßen wissen: „Was sind Themen, die helfen, und was sind Themen, die schaden? Im besten Fall reden wir mehr über das, was hilft.“