Reichsbürger-„König“ Fitzek in U-Haft

Innenministerium verbietet „Königreich Deutschland“ – die wichtigsten Fragen und Antworten

Der Verein "Königreich Deutschland" gilt als mitgliederstärkste Reichsbürger-Gruppe.

Das Bundesinnenministerium hat die aktuell wohl größte Reichsbürger-Gruppierung im Land, das „Königreich Deutschland“ verboten. Seit den frühen Morgenstunden durchsuchen Einsatzkräfte der Polizei von dem Verein genutzte Gebäude sowie Wohnungen führender Mitglieder in sieben Bundesländern. Vier Personen wurden festgenommen, darunter der Gründer der „Reichsbürger“-Gruppe Peter Fitzek. Er ist inzwischen in Untersuchungshaft. Der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof setzte einen Haftbefehl gegen ihn in Vollzug, wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte.

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Die Ermittlungen führt der Generalbundesanwalt – was auf die herausragende Bedeutung des Falls hinweist.

Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

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Was ist das „Königreich Deutschland“ für eine Gruppierung?

Das „Königreich Deutschland“ ist nicht nur die größte, sondern auch eine der wichtigsten Reichsbürger-Gruppierungen Deutschlands. Die Gruppe wurde 2012 von Peter Fitzek in der Lutherstadt Wittenberg in Sachsen-Anhalt gegründet. Sie lehnt die Existenz und Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland ab und hat es sich zur Aufgabe gemacht, einen „Gegenstaat“ aufzubauen. Diverse Reichsbürger-Gruppen haben in der Vergangenheit eigene „kommissarische Reichsregierungen“ und Fantasiestaaten gegründet. Das „Königreich“ ging jedoch deutlich weiter: Die Gruppierung baute umfangreiche eigene Strukturen auf, kaufte eigene Gebäude und Liegenschaften, die sie zum „Staatsgebiet“ erklärte. Das „Königreich“ gab nicht nur eigene Fantasieausweise aus, sondern auch eine eigene Währung, und betrieb ohne Erlaubnis ein eigenes Bank- und Versicherungssystem. Dazu gehörte sowohl eine Art Krankenversicherung als auch eine eigene „Rentenkasse“. Außerdem wurden im vermeintlichen „Hoheitsgebiet“ des „Königreichs“ einige Unternehmen gegründet. Die Gruppierung lud Interessierte außerdem zu Seminaren ein. Eine Teilnahme am Seminar zu den Grundlagen des „Systemausstiegs“ sei „Voraussetzung für die Erlangung der Staatsangehörigkeit“ im „Königreich, heißt es auf der Website der Gruppierung. Kostenpunkt: 340 „E-Mark“, das entspricht 374 Euro.

Die Vereinigung finanziere sich vor allem „durch den Betrieb verbotener Bank- und Versicherungsgeschäfte, sowie über Spenden und durch Einnahmen aus Seminaren“, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Weitere Gelder würden mit dem Anwerben von Unternehmen eingenommen. „Diesen wird im Gegenzug in Aussicht gestellt, Waren und Dienstleistungen über das KRD umsatzsteuer- und sozialabgabenfrei vertreiben zu können.“

Wie begründet das Bundesinnenministerium das Verbot?

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) trat am Dienstag um kurz nach zehn vor die Presse und begründete das Verbot. Das „Königreich Deutschland“ richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung, sagte er. Ziel sei, einen „Gegenstaat“ zu gründen und sich so von der Bundesrepublik Deutschland abzuspalten. Dabei hänge das „Königreich Deutschland“ Verschwörungstheorien an, die zum Teil antisemitisch motiviert seien. Es handele sich nicht um „harmlose Nostalgiker“, sondern um „kriminelle Strukturen und ein kriminelles Netzwerk“, so Dobrindt.

Bei der wochenlang vorbereiteten Aktion von 800 Beamten in 7 Bundesländern habe es vier Festnahmen gegeben, unter den Festgenommenen sei der Anführer Peter Fitzek gewesen, fuhr der CSU-Politiker fort. Nach Sichtung der Beweismittel seien weitere Festnahmen möglich. Das Vermögen werde eingezogen, dessen Höhe lasse sich aber noch nicht beziffern. Auf Nachfrage sagte er weiter, es seien „keine sicherheitsrelevanten Waffen sichergestellt“ worden. Doch der Fokus der Aktivitäten liege ohnehin „sehr stark im Bereich der Wirtschaftskriminalität“.

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Zwar besteht das „Königreich Deutschland“ nach Dobrindts Angaben aus 23 Unterorganisationen – bei weiteren 40 König- und Kaiserreichen außerhalb dieser Struktur. Allerdings habe das „Königreich Deutschland“ anders als von diesem behauptet keine 6000, sondern eher 1000 Anhänger. Sollten darunter Angestellte oder Beamte des öffentlichen Dienstes sein, werde im Einzelfall über Konsequenzen entschieden.

Der Präsident des thüringischen Landesamtes für Verfassungsschutz, Stephan Kramer, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Ich begrüße das Verbot und die Exekutivmaßnahmen gegen das Königreich Deutschland. Das ist ein wichtiges Signal des Rechtsstaates gegen die gesamte Reichsbürgerszene, die schon viel zu lange ihr sektenähnliches Unwesen treibt und leider weiterwächst. Die Reichsbürgerszene entwickelt sich immer mehr zu einer gefährlichen Parallelwelt, die den Rechtsstaat ablehnt und die Existenz der Bundesrepublik verneint. In vielen Fällen äußert sich diese Ablehnung in Drohungen, Nötigungen und Gewalthandlungen gegen Staatsdiener bis hin zur Weigerung, rechtmäßige Abgaben und Steuern zu zahlen. Hier hilft nur konsequentes staatliches Handeln und die Durchsetzung des Rechtsstaates.“

Wer ist für das Verbot verantwortlich?

Das Ministerium hatte am Dienstagmorgen erklärt, Dobrindt habe die Reichsbürger-Vereinigung verboten. Das Verbot wurde allerdings schon einige Zeit vor Dobrindts Amtsübernahme unter der vorherigen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf den Weg gebracht: Die am Dienstag im Bundesanzeiger veröffentlichte Verbotsverfügung datiert bereits auf den 3. April 2025.

Peter Fitzek, der sich selbst auch „König von Deutschland“ nennt, zu Beginn eines Gerichtsprozesses im Jahr 2019.

Wer ist Peter Fitzek?

Der Gründer und Anführer des „Königreichs Deutschland“ Peter Fitzek, wurde am Dienstag ebenso wie drei weitere mutmaßliche Rädelsführer festgenommen. Fitzek hatte die Gruppierung 2012 gegründet und sich in einer absurd anmutenden Veranstaltung zum König krönen lassen – inklusive Kostümen, entsprechendem Bühnenbild und einem Thron. Seitdem ließ er sich von seinen Anhängern als „Peter, Menschensohn“ oder „Peter I.“ ansprechen. Fitzek ist eigentlich gelernter Koch und arbeitete auch als Karatelehrer. Wegen einer rechtskräftigen Verurteilung wegen unzulässiger Versicherungsgeschäfte saß Fitzek ab 2018 zwischenzeitlich in Haft.

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Wo war das „Königreich Deutschland“ aktiv?

Die Gruppe suchte gezielt nach größeren Grundstücken „ab einer Größe von fünf Hektar mit Wald und Freiflächen für Landwirtschaft sowie Wasserzuläufen“, warnte der Verfassungsschutz Sachsen im Jahr 2022. Nach zahlreichen Verfahren in anderen Bundesländern, hatten sich Peter Fitzek und das KRD in den vergangenen Jahren immer stärker dorthin zurückgezogen: In Dresden betrieb das KRD illegal eine Gemeinwohlkasse, die von der Bundesfinanzbehörde geschlossen wurde. Ab 2022 ließ Fitzek über Mittelsmänner mehrere Immobilien kaufen: Schloss Bärwalde nahe Görlitz und eine Villa im Eibenstocker Ortsteil Wolfsgrün, im Erzgebirge – mittlerweile haben die Behörden sie versiegelt – werden von den Anhängern des KRD nicht mehr genutzt.

Als Hauptquartier fungierte das Kanzleilehngut in Halsbrücke, im Landkreis Mittelsachsen - ein landwirtschaftlicher Betrieb mit Weiden und Kühen. In den letzten Jahren bot das KRD hier immer wieder Seminare an, feierte Kinderfeste, lud auch Anwohner ein. Anhänger betrieben den Bioladen ohne entsprechende Genehmigungen, verstießen immer wieder gegen Regularien - Kontrolleure des Landkreises wurden immer wieder vom Hof verwiesen. Auf Halsbrücke konzentrierten sich auch die Durchsuchungsmaßnahmen.

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Wo fanden Durchsuchungen und Festnahmen statt?

Insgesamt fanden vier Festnahmen statt. Zwei der Festnahmen erfolgten Angaben der Bundesanwaltschaft zufolge im Landkreis Mittelsachsen, je eine weitere in den Landkreisen Oder-Spree in Brandenburg und Bad Dürkheim in Rheinland-Pfalz. Zudem habe es Durchsuchungen bei einem Verdächtigen im Kanton Solothurn in der Schweiz gegeben. Auch er soll deutscher Staatsbürger sein. Die Festgenommenen im Alter von 37, 38, 46 und 59 Jahren sollen am Dienstag und Mittwoch einem Haftrichter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe vorgeführt werden.

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Die Durchsuchungen fanden in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen statt. In Sachsen wurde in Leipzig, Dresden und im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge durchsucht, wie die „Leipziger Volkszeitung“ berichtet. Andere Liegenschaften des „Königreichs“ in dem Bundesland seien bereits im vergangenen Jahr durchsucht und versiegelt worden. Der Schwerpunkt des Einsatzes lag demnach im sächsischen Halsbrücke, wo in den letzten Jahren Fitzeks Hauptsitz lag.

In Niedersachsen fanden Durchsuchungen in einem ehemaligen Kurhotel in Bad Lauterberg im Harz und bei einem führenden KRD-Mitglied in der Gemeinde Walkenried statt, wie das „Göttinger Tageblatt“ berichtet. Die Reichsbürger um Fitzek hatten das frühere Hotel im Jahr 2023 gekauft. Der Landkreis Göttingen und die Gemeinde hatten die Nutzung jedoch untersagt. Im vergangenen Jahr ließ die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) das Gebäude durchsuchen – Hintergrund waren Ermittlungen wegen unerlaubter Bank- und Versicherungsgeschäfte gegen das „Königreich“.

Wie groß ist die Reichsbürger-Szene insgesamt?

Das „Königreich Deutschland“ gilt als größte Gruppierung der Szene und verfügte über die umfassendsten finanziellen Ressourcen und Strukturen. Im Jahr 2023 rechnete das Bundesamt für Verfassungsschutz der Szene insgesamt rund 25.000 Anhänger zu.

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Weshalb hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen?

Bei den aktuellen Ermittlungen gegen die vier Festgenommenen steht die Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung im Vordergrund. Daneben wird insbesondere gegen Fitzek auch wegen unerlaubter Einlagen- und Versicherungsgeschäfte ermittelt. Das sind normalerweise keine Straftaten, bei denen der Generalbundesanwalt – der vor allem für Terrorermittlungen zuständig ist -automatisch die Ermittlungen an sich zieht. Dass Deutschlands oberster Ermittler das in diesem Fall getan hat, erklärt die Bundesanwaltschaft mit der „besonderen Bedeutung“ des Verfahrens.

Was für Ermittlungen gab es in der Vergangenheit bereits gegen Fitzek und die Gruppierung?

Es gab in den vergangenen Jahren bereits eine Vielzahl an Ermittlungsverfahren gegen das „Königreich Deutschland“, seine Mitglieder und Einrichtungen. Insbesondere ging die Bafin mehrfach gegen die unerlaubten Banken- und Versicherungsgeschäfte des KRD vor. Im November 2023 durchsuchte sie zehn Objekte des „Königreichs“ in mehreren Bundesländern.

2017 wurde Fitzek wegen illegaler Bankgeschäfte und Untreue vom Landgericht Halle zu einer Haftstrafe verurteilt. Es ging um 2,4 Millionen Euro, die 500 „Anleger“ Fitzek innerhalb von drei Jahren überlassen hatten. Das Urteil wurde vom Bundesgerichtshof aufgehoben, weil sich die Vorwürfe nicht eindeutig nachweisen ließen. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren schließlich ein, auch wegen des zu großen Aufwands.

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Bei der Staatsanwaltschaft Dresden läuft seit Jahren ein Ermittlungsverfahren wegen der Finanzgeschäfte des KRD, insgesamt neun Personen sind angeklagt, darunter auch Peter Fitzek. Ihnen wird vorgeworfen, unerlaubt eine Krankenkasse betrieben sowie unerlaubt Bankgeschäfte getätigt zu haben.

Erst im März 2025 wurde ein Urteil gegen den selbst ernannten „König“ rechtskräftig: Er war wegen Körperverletzung und Beleidigung zu acht Monaten Haft verurteilt worden.