Chinesischer Außenminister kritisiert USA für „überhasteten Rückzug“ aus Afghanistan

Wang Yi (r), Außenminister von China, und Mullah Abdul Ghani Baradar, afghanischer Führer der Taliban, stehen während eines Treffens zusammen. Chinas Außenminister hatte Ende Juli Gespräche mit militant-islamistischen Taliban aus Afghanistan geführt.

Peking. Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan haben US-Außenminister Antony Blinken und sein chinesischer Kollege Wang Yi über die Lage gesprochen. Nach Angaben des Außenministeriums in Peking kritisierte Wang Yi in dem Telefonat am Montagabend das Vorgehen der USA und den „überhasteten“ Rückzug der US-Streitkräfte, der negative Folgen habe. Auch zeige Afghanistan, dass es schwierig sei, ein ausländisches Modell in einem Land mit anderer Geschichte und Kultur anzuwenden. „Probleme mit Gewalt und militärischen Mitteln zu lösen, führt nur zu neuen Problemen“, wurde Wang Yi auch zitiert.

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China sei bereit, einen Dialog mit den USA zu führen, um einen reibungslosen Übergang in Afghanistan zu fördern und einen neuen Bürgerkrieg und eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Das Land dürfe kein Zufluchtsort und Nährboden für Terrorismus werden. Es müsse ermutigt werden, ein „offenes und inklusives politisches System“ aufzubauen, das zu seinen nationalen Bedingungen passe. Als ständige Mitglieder im UN-Sicherheitsrat und wichtige Akteure im internationalen System müssten die USA und China kooperieren.

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Wang Yi: USA müssen Kerninteressen Chinas respektieren

Chinas Außenminister wies aber auch auf die Spannungen zwischen beiden Ländern hin, deren Beziehungen auf den schlechtesten Stand seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen 1979 gefallen sind. „Die USA können China aber nicht einerseits eindämmen, unterdrücken und dessen legitimen Rechten und Interessen schaden und andererseits Kooperation und Unterstützung von China erwarten.“ Die USA müssten die „Kerninteressen“ Chinas respektieren.

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Schon Ende Juli hatte Wang Yi in China eine Delegation um den Taliban-Mitbegründer Mullah Abdul Ghani Baradar empfangen, um persönlich Kontakt aufzunehmen. Peking ist besorgt über Instabilität in seinem Nachbarland. Es befürchtet das Einsickern von Terroristen, die für eine Unabhängigkeit der muslimisch besiedelten Region Xinjiang in Nordwestchina kämpfen könnten. Eine Außenamtssprecherin sagte am Vortag zur Machtübernahme der Taliban: „Wir respektieren den Willen und die Entscheidung des afghanischen Volkes.“

Zu dem Telefonat mit Wang Yi teilte das US-Außenministerium nur kurz mit, dass Blinken mit seinem Amtskollegen über die Entwicklung, die Sicherheitslage und die Bemühungen zur Rückführung von amerikanischen und chinesischen Bürgern gesprochen habe.

RND/dpa

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